Erste Ergebnisse der Studie „Krankheitswissen und Informationsbedarfe – Diabetes mellitus (2017)“ – Journal of Monitoring 3/2018

Rebecca Paprott 1, Christin Heidemann1, Lena M. Stühmann2, Jens Baumert1, Yong Du1, Sylvia Hansen3, Marie-Luise Zeisler1, Johannes Lemcke1, Silke Beyhl1, Ronny Kuhnert1, Christian Schmidt1, Lars Gabrys1, 4, Andrea Teti5, Thomas Ziese1, Patrick Schmich1, Paul Gellert2, Daniela Zahn3, Christa Scheidt-Nave1

1 Robert Koch-Institut, Berlin, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring
2 Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft
3 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln, Geschäftsstelle Nationale Aufklärungs- und Kommunikationsstrategie zu Diabetes mellitus
4 Fachhochschule für Sport und Management, Potsdam
5 Universität Vechta, Institut für Gerontologie

Hintergrund und Zielsetzung

Individuelle gesundheitsbezogene Verhaltensweisen können von verschiedenen subjektiven Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen auch die Wahrnehmung des eigenen Erkrankungsrisikos, Krankheitswissen und -wahrnehmung, Informationsbedürfnisse und das Verhalten der Menschen bei der Suche nach Gesundheitsinformationen. Oft hängen diese Faktoren auch mit dem Erkrankungsrisiko oder mit dem Verlauf der Erkrankung zusammen. Bislang gab es dazu wenig bevölkerungsrepräsentative Daten bei Menschen mit und ohne diagnostizierten Diabetes. Um diese Datenlücke zu schließen, hat das Robert Koch-Institut (RKI) im Jahr 2017 die Studie „Krankheitswissen und Informationsbedarfe – Diabetes mellitus (2017)“ durchgeführt.

Vorgehensweise

Bei einer zufällig ausgewählten Stichprobe aus der deutschsprachigen Allgemeinbevölkerung ab 18 Jahren mit und ohne Diabetes wurde eine standardisierte telefonische Befragung durchgeführt. Diese erfasste u. a. Informationen zu den Themen Krankheitswissen, Krankheitswahrnehmung, Diabetesrisiko beziehungsweise Risiko für Komplikationen, diabetesbezogene Informationen (Grad der Informiertheit, Informationsbedürfnisse, Informationsquellen), Inanspruchnahme von Vorsorge- und Schulungsmaßnahmen, Diabetes-Selbstmanagement und subjektiv wahrgenommene Krankheitsbelastung.

Ergebnisse

In zwei Befragungsabschnitten wurden 2327 Personen ohne diagnostizierten Diabetes beziehungsweise 1479 Personen mit diagnostiziertem Diabetes befragt. Knapp 93 % der Befragten mit Diabetes schätzten ihr Diabeteswissen selbst als gut oder sehr gut ein. Bei den Befragten ohne Diabetes waren es etwas über die Hälfte. Unter den Befragten ohne Diabetes zeigten sich insbesondere bezüglich der Fragen zum spezifischen Diabeteswissen erhebliche Wissenslücken, die teilweise bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen und abhängig vom Bildungsstatus der Befragten waren. Knapp ein Drittel der Befragten ohne Diabetes haben sich bereits einmal aktiv zu Diabetes informiert; dabei waren gedruckte Informationen die häufigste Quelle. Befragte ohne Diabetes mit niedriger Bildung nutzten häufiger die Hausärztin oder den Hausarzt als Informationsquelle als diejenigen mit mittlerer oder hoher Bildung. Sowohl in der Gruppe ohne als auch mit Diabetes fand es etwa die Hälfte der Befragten schwierig, die Vertrauenswürdigkeit von Informationen zu Diabetes in den Medien einzuschätzen. Bei Erwachsenen ohne Diabetes war das Informationsbedürfnis zum Thema „Lebensstilanpassungen, Gesundheitsförderung und Prävention“ am höchsten. Hingegen wünschten sich Erwachsene mit Diabetes  eher Informationen zum Thema „Behandlung und Therapie“.

Relevanz für die Nationale Aufklärungs- und Kommunikationsstrategie

Für eine wirksame und nachhaltige Prävention und Gesundheitsförderung sowie um Informationsangebote besser an spezifische Bedürfnisse anpassen zu können, sind bevölkerungsbezogene Daten, wie sie im Rahmen des Befragungssurveys erhoben wurden, von hoher Bedeutung. Die Auswertung dieser Daten bildet ein essentielles Wissensfundament für die Weiterentwicklung und Verbesserung von Aufklärungs- und Kommunikationsmaßnahmen. So verdeutlichen beispielsweise die beobachteten geschlechts- und bildungsspezifischen Unterschiede, dass es unverzichtbar ist, Informationsangebote auf die unterschiedlichen Zielgruppen auszurichten, um sie bei ihren jeweiligen Wissensständen und Lebensrealitäten abzuholen.

Der Einbezug der Bevölkerung sowohl ohne Diabetes als auch mit Diabetes ermöglicht es außerdem, auf Basis der erhobenen Daten Strategien für das gesamte Präventionsspektrum zu planen und umzusetzen. Diese können dann in der Allgemeinbevölkerung dazu beitragen, eine Diabeteserkrankung zu vermeiden, früh zu erkennen beziehungsweise gut zu behandeln, insbesondere um schwerwiegende Komplikationen, Folgeerkrankungen und vorzeitige Sterblichkeit zu vermeiden.

Fazit des Projektes

Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung in Deutschland zum Teil deutliche Wissenslücken zum Thema Diabetes bestehen, an denen Informationsangebote gezielt und unter Berücksichtigung der Informationswünsche ansetzen können. Bei der Art der Informationsbereitstellung sollten gedruckte Angebote weiterhin eine Rolle neben internetbasierten oder anderen Angeboten spielen. Außerdem sollten hierbei die behandelnden Ärztinnen und Ärzte als wichtige Ansprechpersonen mit einbezogen werden. Eine Wiederholung des Befragungssurveys könnte auch dazu genutzt werden, um den Erfolg von durchgeführten Aufklärungs- und Kommunikationsmaßnahmen der BZgA einzuschätzen und zur kontinuierlichen Verbesserung sowie gezielteren Ausrichtung der Maßnahmen beitragen.

 

Detaillierte Ergebnisse:

https://edoc.rki.de/handle/176904/5678